Frau Gisselmann, einige Bürgerinnen und Bürger der Gemeinde Herleshausen haben die Befürchtung, dass Sie „zu nett“ sind für das Amt der Bürgermeisterin und dass es Ihnen an Durchsetzungskraft fehlt. Wie schätzen Sie sich diesbezüglich ein?
Carolin Gisselmann: Ich kann gut nachvollziehen, dass Menschen diesen Eindruck gewinnen könnten. Freundlich, aufgeschlossen und „fast“ immer am lächeln, so kennen mich die Meisten. Und genau so bin ich eben auch! Das macht mich als Mensch aus.
Doch ein freundlicher Mensch zu sein bedeutet nicht, dass man keine eigene Meinung hat, die man auch nach außen hin vertritt und dass es einem an Durchsetzungskraft mangelt. Diejenigen, die mich beruflich oder auch aus meiner Arbeit in den politischen Gremien, des Kirchenvorstandes und im Rahmen der Elternbeiratsarbeit (aktuell Schule, damals Kindergarten) kennen, wissen, dass ich stets meine eigene Meinung habe, sage und auch vertrete. Allerdings versuche ich immer auf Augenhöhe mit jedem zu diskutieren und lasse mich auch durch stichhaltige Argumente gerne eines Besseren belehren.
Eine eigene Meinung zu haben ist wichtig und diese durchsetzen zu können ebenfalls. Darum geht es aber nicht im Bürgermeisteramt. Es geht nicht darum, dass ich meine persönliche Überzeugung umsetze. Die Aufgabe der Bürgermeisterin besteht darin, die Mitglieder des Gemeindeparlamentes durch transparente Wissensweitergabe und qualitativ hochwertige Vorarbeit aus der Gemeindeverwaltung darin zu unterstützen, dass sie eine Entscheidung treffen. Die Kommune ist wie alle anderen Bereiche Deutschlands demokratisch aufgestellt – aus gutem Grund! Die demokratischen Entscheidungsfindungsprozesse zu ermöglichen, das sehe ich als meine Aufgabe.
Somit sind Kompromissbereitschaft und die Akzeptanz anderer und mehrheitlicher Meinungen, unabhängig von der Parteizugehörigkeit, für mich von entscheidender Bedeutung.
Unabhängig davon bin ich selbstverständlich ein Mensch, der Entscheidungen trifft und zu diesen auch steht. Herausforderungen nehme ich gerne an und bleibe am Ball! Sowohl beruflich, als auch privat.
Gibt es weitere Fragen, Frau Gisselmann, die man Ihnen immer wieder gestellt hat?
Carolin Gisselmann: Ja, tatsächlich gibt es noch etwas, was viele Menschen beschäftigt. Ich bin des Öfteren gefragt worden, ob ich mir das alles gut überlegt habe. Natürlich habe ich mir gut überlegt, ob ich mich zur Wahl aufstelle oder nicht. Selbstverständlich habe ich auch mit meiner Familie darüber gesprochen.
Ich weiß, dass das Amt der Bürgermeisterin mit komplexen Aufgaben verbunden ist und ich über die politische Arbeit hinaus, die ich jetzt schon ehrenamtlich in der Kommunalpolitik leiste, mehr Zeit und Engagement aufbringen müsste. Das ist mir bewusst. Ich bringe die notwendige Zeit, Arbeitskraft und das Engagement sehr gerne ein für die Zukunft unserer Kommune.
Dass ich eine Frau mittleren Alters bin behindert nicht meine Arbeitsleistung. Ja, es gibt derzeit keine einzige Bürgermeisterin im Werra-Meißner-Kreis. Aber das heißt ja nicht, dass Frauen dieses Amt nicht gut ausfüllen können. Es wäre sehr, sehr schade, wenn Menschen mich nicht wählen, nur weil ich eine Frau, Ehefrau und Mutter bin.
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